Handbuch
zum Co-Counseln (Co-Counselling)

6 Widersprechen

Ziel
Verborgene Emotionen sollen nach oben kommen. Kontakt mit der eigenen Sehnsucht soll hergestellt werden.

Methode
Zu negativen Urteilen und Herabsetzungen seiner selbst sucht der Klient eine Aussage, die das genaue Gegenteil davon darstellt. Diese Aussage ist der Widerspruchssatz, mit dem der Klient weiter arbeiten kann. Er muss im Augenblick seiner Formulierung nicht stimmig erscheinen. Einen Widerspruchssatz kann der Klient oft nur schwierig aussprechen, er bleibt ihm zuerst fast im Munde stecken. Als besonders wirkungsvoll hat sich erwiesen, den Gefühlen zu widersprechen, die hinter negativen Urteilen oder Herabsetzungen von einem Selbst stehen.
Wie gesagt, benutzt man die Technik des Widersprechens, um verborgene Gefühle an die Oberfläche kommen zu lassen. Aus ’Niemand mag mich wirklich’ kann z.B. der Widerspruchssatz ’Ich bin eine guter Freund’ oder ’Ich bin liebenswert’ werden. Der positive Gedanke im Widerspruch berührt die Sehnsucht, und das Verlangen des Klienten. Er spürt sich in einer Weise, die auf Möglichkeiten hinweist. Ein weiteres Beispiel dazu: ’Gefühle bringen nur Probleme.’ Daraus kann der Widerspruchssatz werden: ’Gefühle bringen keine Probleme’, oder: ’ich mag meine Gefühle!’ Aus einem Satz, der Trauer über etwas ausdrückt, kann ein Satz werden, der die damit verbundene Sehnsucht zeigt. Ein Beispiel für das Widersprechen gegenüber einem Gefühl ist: Aus ’Ich fühle mich hilflos’ kann als Widerspruch zu dem dahinter liegenden Gefühl der Satz ’Ich kann mir immer helfen’ werden.
Eine Widerspruch kann nach und nach zu einer für den Klienten wahren, den Inhalt bekräftigenden Aussage werden, nachdem die mit dem Äußern des Widerspruchs verbundenen Gefühle entladen worden sind. (Zu diesem ungewohnten Ausdruck ’entladen’ siehe Erläuterungen bei der Technik Nr. 9)

Die Wirkung des Widerspruchs wird anschließend durch Wiederholungen verstärkt. Wichtig ist auch, nicht allein mit Worten seiner Aussage zu widersprechen, sondern auch den Körper das ausdrücken zu lassen. Bezogen auf das letzte Beispiel - ’Ich kann mir immer helfen’ - kann der Klient sich gerade hinstellen, den Kopf hoch halten, die Arme ausbreiten, die Hände öffnen ... .

Vorschläge des Counselers dazu
Widersprich dem!
Kannst du den Satz umkehren?
Finde einen Widerspruch dafür.
Wie kannst du den Widerspruch auch mit dem Körper ausdrücken?

Beachte
Formuliert der Klient den Widerspruch positiv - ’Ich bin mutig’ anstelle von ’Ich habe keine Angst’ – kann das helfen die damit verbundenen Gefühle auszudrücken.
Die Technik Widersprechen ist in keiner Weise als Affirmation gemeint und hat nichts mit ‚positivem Denken’ zu tun. Es soll mit der Technik nicht das Aussprechen positiver Sätze geübt werden, sondern es soll die eigene Sehnsucht erlebt werden – Sehnsucht, die den Treibstoff für den Motor darstellt, der einen vorwärts bringt.

Hintergrund
Widersprechen dient dazu, den mir bekannten, mich niederhaltenden Gedanken und Gefühlen, meine Sehnsucht, meine Kraft der Rebellion, meine Wut entgegen setzen zu können.

 

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