Handbuch
zum Co-Counseln (Co-Counselling)

4 Buchstäbliches Beschreiben

Ziel
Eine Situation soll vollständiger und realitätsgerechter beschrieben werden können, als sie sich in meiner ersten Erinnerung und deren Interpretation darstellt.

Methode
Für das buchstäbliche Beschreiben benutzt der Klient den Präsens und die Ich-Form. Buchstäbliches Beschreiben heißt etwas ausschließlich konkret zu beschreiben und hierbei nicht zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Der Klient verzichtet darauf, die Situation zu erklären, zu rechtfertigen oder zu begründen. Der Klient versucht von einer a priori Interpretation Abstand zu nehmen, um auch das in den Blick zu bekommen, was nicht durch das Raster dieser Interpretation erfasst wird.
Der Klient stellt gewissermaßen die Fragen eines Kriminalkommissars, der an einen Tatort gerufen wird und versucht, alle möglicherweise bedeutsamen Einzelheiten zu sammeln. Er gibt auf Fragen nach Ergebnissen solange keine Antworten, bevor er nicht möglichst viele Einzelheiten kennt. Ein Teil dieser zu erkundenden Situation ist in einer Co-Counsel-Sitzung der Klient selbst. Er sagt deshalb ’Ich’ beim Beschreiben und benutze das Präsens. Er beschreibt seine Sinneseindrücke und fragt sich: Was höre ich? Was sehe ich? Was rieche ich? Welcher Gedanke ist in meinem Kopf? Wie bewege ich mich? Was ist sonst noch da? Auch kann der Klient durch Rollenspiel (siehe Technik weiter unten) eine Situation konkret nachstellen.

Vorschläge des Counselers dazu
Wer ist im Raum?
Wo sind die Personen?
Was machen die Personen gerade?
Wer spricht alles?
Was sagt sie genau?
Wo steht sie?
Welche Körperhaltung hat sie?
Was macht sie mit ihren Armen?
Von wo kommt das Licht?
Wohin siehst du?
In welchem Moment wird es für dich belastend?
Woran bemerkst du das?
Sag es im Präsens.
Sag ’ICH’.

Beachte
In Ich-Form sprechen, im Präsens sprechen - macht eine Situation gegenwärtiger. Jemandem eine Geschichte erzählen, ist etwas ganz Anderes.

Hintergrund
Oft schließt man die Bewertung einer Situation für sich ab, ohne sie vollständig genug wahrgenommen zu haben. Starke Gefühle, die man in der Situation erlebt hat, haben das Gesichtsfeld verengt. Durch buchstäbliches Beschreiben wird gewissermaßen nach der ersten Urteilsverkündung der Fall neu aufgerollt

 

14/39